Interview mit Karl Reinisch, einem Ballett-Experten

Vor kurzem versprach ich, ein Geheimnis zu lüften – welche Sportart ich täglich eine Stunde mache. Es ist BALLETT! Einige werden denken, „Was? Ballett ein Sport?“ Ich kann nur sagen, dass es viel härter ist als jeder Sport, wenn man es richtig macht. Ein sehr guter Grund, Ballett zu trainieren, ist: es verschönert den Körper (jeder Muskel wird gedehnt, Arme und Beine werden optisch länger) und … es macht viel Spaß! Ich habe mit Ballett begonnen, als ich ungefähr 16 Jahre alt war, habe bis zur Universität regelmäßig weitergemacht, hörte dann auf und begann 35 Jahre später wieder damit. Ich habe einige Monate alleine zu Hause trainiert und traf vor kurzem Karl Reinisch, um ihn zu fragen, ob ich auf dem richtigen Weg sei. Meine liebe-liebe Freundin Erzsébet hat die Fotos gemacht, als wir an der Stange übten. Und natürlich habe ich Herrn Reinisch gebeten, mir ein paar Fragen zu beantworten.

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© EMMA

F: Wann haben Sie begonnen, über eine mögliche Tanzkarriere nachzudenken? Wann ist Ballett eine große Liebe geworden?

A: Die Liebe zum Ballett war immer da, bevor ich noch wusste, was Ballett ist. Ich wollte als Kind fliegen können, leicht wie ein Blatt im Wind. Ich wollte mich drehen wie ein Kreisel und nicht mehr aufhören zu drehen. Ich tat es auch in meinen Träumen. Ich ging in der Luft, ohne den Boden zu berühren und war immer unsagbar enttäuscht, wenn ich aufwachte und nicht in der Luft gehen konnte. Das Wort Ballett hörte ich zum ersten Mal, als eine Schulkameradin meiner 3 Jahre älteren Schwester ein frivoles Lied sang, in dem es um die „Damen vom Ballett“ ging. Ich versuchte herauszufinden, was es damit auf sich hat. Mit wenig Erfolg, weil es in ländlichen steirischen Regionen, wo ich wohnte, damals unbekannt oder bestenfalls nur sehr verzerrt bekannt war. Das war noch in meiner Volksschulzeit. Als ich dann nach Graz kam, konnte ich mit 11 oder 12 Jahren meine Träume verwirklichen. Für einen Buben damals ein gewagtes Unterfangen.

F: Nun die Frage aller Fragen – Sie waren Balletttänzer und sind Ballettlehrer – wenn eine Dame käme, 60 Jahre oder vielleicht noch etwas älter, die Sie fragt: „Ich würde gerne etwas Bewegung machen, am liebsten eigentlich Ballett, was raten Sie? Bin ich dafür zu alt?“

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A: Nein!!! Natürlich nicht! Niemand ist zu alt, und man kann nichts Besseres machen, als sich zu bewegen, warum also nicht Ballett?

F: Ich bin sehr froh, dass Sie das sagen. Ich hatte gehofft, dass Sie ähnlich antworten würden, da ich auf der Homepage Ihrer Ballettschule inspirierende Fotos (hier, man beachte die Nummern 7 und 11) einer zierlichen Dame fand, die sicher ein bisschen älter als 60 Jahre alt ist.

A: Sie sprechen sicher von Edith, die ich das erste Mal traf, als sie in dem Alter war, in dem die meisten Menschen in Pension gehen. Sie hat mich eines Tages angerufen und fragte mich, ob sie, die niemals Ballett gemacht hatte, an einem der Sommerkurse teilnehmen dürfe, die ich seit vielen Jahren anbiete. „Ganz besonders gerne! Sie sind natürlich willkommen!“, sagte ich. Als sie dann mit den anderen im Kurs war, die meisten von ihnen Ballettstudenten, sah sie eifrig allen beim Training an der Stange zu, hörte genau zu, was ich sagte und vorschlug und machte ihre Übungen so exakt wie möglich. Ich ging von einem zum nächsten, korrigierte Posen, aber sagte nichts zu Edith. Darüber wurde sie ärgerlich und fragte mich wenig später: warum korrigieren Sie immer nur die anderen und niemals mich? Bin ich zu alt, um das zu lernen? – Das hat gesessen. Auf der Stelle begann ich mit ihr zu arbeiten und verbesserte Positionen, Posen, Attituden etc. Und sie war glücklich! Ich brauche nicht zu erwähnen, dass sie innerhalb einiger Wochen eine der Besten war. Und jetzt, viele Jahre später, kommt sie noch immer in beinahe alle Ferien-Kurse, die (während der Weihnachts-, Oster- und Sommerferien) in meinem Chalet am Masenberg abgehalten werden. Nebenbei: Edith ist mittlerweile beinahe 80 Jahre alt.

Fortsetzung folgt …

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