Einsamkeit und Gesundheit - Interview mit der Ganzheitsmedizinerin Dr Gisela Heldt

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Frage: Welche Auswirkung kann Einsamkeit auf einen Menschen nehmen? – vor allem im Zusammenhang mit einer schweren Krankheit wie Krebs zB? Kann sie Auslöser sein? Oder müssen mehrere Komponenten zusammenwirken?

Antwort: Als erstes muss man sich darüber verständigen, was man unter Einsamkeit versteht. Einsamkeit darf nicht mit Alleinsein verwechselt werden. Einsamkeit ist verbunden mit dem Gefühl der inneren Leere, überflüssig oder ungeliebt zu sein. Das Gefühl kann auch auftreten, wenn Menschen mit anderen zusammenleben. – Einsamkeit kann helfen in bestimmten Situationen zu wachsen, nur darf die Einsamkeit nicht zu lange anhalten und nicht die einzige Lebenssituation sein. Viele Menschen haben das Gefühl, Einsamkeit zerfrisst sie und empfinden Einsamkeit deshalb nur als negativ und belastend. Einsamkeit kann sehr wohl Auslöser von Erkrankungen sein, aber es kann Jahre brauchen, bis sie bemerkt werden, selten werden die Krankheiten mit Einsamkeit als Ursache in Verbindung gebracht.

Frage: Läuft ein einsamer Mensch stärker Gefahr zu erkranken als Menschen mit zahlreichen sozialen Kontakten?

Antwort: Ja. Wissenschaftler der Universität von Chicago beobachteten fünf Jahre lang Menschen im Alter zwischen 50 und 68 Jahren. Nach den Befragungen wurde der Blutdruck gemessen. Ihr Resultat war, dass soziale Isolation zur Beeinträchtigung der physischen Gesundheit führt. Nicht sofort, in den ersten beiden Jahren wurden nur geringe Veränderungen gemessen. In den folgenden Jahre stiegen die Blutdruckwerte bei einsamen Personen deutlich an. Vor allem bei den Personen, die sich selber als einsamen einschätzten.

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Frage: Welche Notfall-Mittel gibt es gegen die „Krankheit“ Einsamkeit?

Antwort: Notfall-Mittel gibt es nicht, weil der Prozess, bis Einsamkeit erkannt wird, oft so lange dauert, bis kaum noch Energie vorhanden ist, um aus seinem Schneckenhaus heraus zu finden. Darüber hinaus sehen die Menschen, die in Einsamkeit gefangen sind, oft keine Möglichkeiten aus dieser heraus zu kommen. Außenstehende haben dann häufig Ideen, die wiederum können Betroffene selbst nicht umsetzen. Nur liebevolle und intensive Unterstützung durch andere kann helfen, damit ist Einsamkeit oft schon durchbrochen. Bei Menschen mit „nur“ körperlichen Gebrechen, die wieder ausheilen, z.B. mit einem einfachen Knochenbruch, der gegipst wird, und mit Stützen kann man wieder gehen, haben es in dieser Situation viel leichter.

Frage: Wie können Menschen ihre sozialen Kontakte, erweitern? Welche Tips kann man jemandem geben, damit er wieder in die Gesellschaft zurückfindet, damit der Zustand anhält und der Betroffene sich wohl dabei fühlt?

Antwort: Jeder Mensch kann sich seiner Einsamkeit stellen: Wer nur wenige soziale Kontakte hat, kann sich sozial oder politisch in Vereinen, Selbsthilfegruppen oder kirchlichen Gemeinden engagieren. Dort können dann Kontakte geknüpft werden. – Was wenige Menschen wissen: Man kann durch gesunde Ernährung zu einer harmonischeren und ausgeglicheneren Einstellung kommen, dies hilft erstaunlich beim Knüpfen von Kontakten. Je basischer sich ein Mensch ernährt, desto zufriedener ist er. Er ist weniger einsam und empfindet Alleinsein, was ja etwas anderes als Einsamkeit ist, sogar als Gewinn. Das liest sich viel leichter, als es sich umsetzen lässt. Der Satz: „Wehret den Anfängen“ ist hier sicherlich richtig. Nur die Anfänge liegen oft in der Kindheit und werden nicht richtig erkannt. Schüchternheit in der Kindheit und Schulzeit kann der nicht erkannte Anfang sein.

Für alle menschliche Situationen braucht es Menschen, die nach dem Motto von John Wesley leben und handeln: „Über allem die Liebe!“ und die Geduld und Kraft aufbringen, Menschen aus Einsamkeit heraus zu begleiten. Dafür ist viel Zeit nötig.

 

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