Wie viele Dinge benötigt der Mensch, um zufrieden und glücklich sein? (von Dr Lutz Ammerer)

Jeder täte gut daran, sich wenigstens einmal im Leben, und Burnout kann hier eine Chance sein, zu fragen: was benötige ich nicht und was wirklich, um zufrieden und glücklich zu sein? Die letzte, möglichst kurze Liste, mit absoluter Ehrlichkeit beantwortet und vor dem inneren Auge visualisiert. Man staunt, wie kurz diese Liste dann ist. Sie ist bei jedem anders, aber sicher steht ein Porsche nicht drauf und auch keine noch so schmucke Villa oder goldenes Geschmeide. Eine furchtbare Krise kann einen da sehr weit bringen, denn sie lässt einen erkennen, welch unnötigen Ballast wir herumschleppen, wie bedeutungslos übertriebener Besitz oder Vermögen sind, aber wie wichtig und unverzichtbar Liebe und Frieden und ein paar kleine bescheidene Freuden, ohne die man eben nicht sein möchte. Aber auch diese sind natürlich sehr wichtig, eventuell überlebenswichtig!

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Lutz Ammerer und Jörg Demus

So irrte sich z.B. Stefan Zweig in tragischster Weise, als er sich in die Einsamkeit von Petropolis zurückzog, um endlich „Ruhe zu haben“. Er erkannte nicht, dass seine Liste allzu kurz war. Er, gewohnt, dass Richard Strauss, Albert Einstein, Salvador Dali, Sigmund Freud, alle Größen der Kunst und Wissenschaft bei ihm aus- und eingingen, war nun allein, verlassen in einem entlegenen Örtchen, zwei Stunden entfernt von Rio, tausende Kilometer entfernt von New York, wo die anderen jüdischen Emigranten, Künstler und Literaten lebten. Er hatte keine Bücher, keine Bibliothek, die er zum Arbeiten benötigt hätte, ein verhängnisvoller Fehler, der der Depression schließlich zum Sieg verhalf, ehe er sein Leben selbst beendete mit den unendlich berührenden Abschiedsworten: „Ich grüße alle meine Freunde! Mögen sie die Morgenröte noch sehen nach der langen Nacht! Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus.“ Hätte Zweig seine Liste um zwei Punkte länger gewählt, er hätte seine Verzweiflung über die Barbarei in Europa vielleicht überwinden können.

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Wie traurig, wenn ein Multimilliardär wie Apple-Gründer Steve Jobs erst wenige Tage vor seinem Krebstod zu der Erkenntnis gelangt: „Letztendlich gilt mein Reichtum nur als Fakt des Lebens, an den ich gewohnt bin. In diesem Augenblick, wo ich in einem Krankenbett liege und auf mein ganzes Leben zurückblicke, verstehe ich, dass all die Anerkennung und all der Reichtum, worauf ich so stolz war, an Wert verloren haben vor dem Gesicht des kommenden Todes. Jetzt weiß ich, dass wir uns komplett andere Fragen im Leben stellen müssen, die mit Reichtum nichts gemeinsam haben. Es muss dort noch etwas sein, das sich als viel Wichtigeres im Leben erweist: womöglich ist es eine zwischenmenschliche Beziehung, womöglich Kunst, womöglich auch Träume in unserer Kindheit … Non-Stop im Erreichen des Reichtums macht einen Menschen zu einer Marionette, was auch mir passiert ist. Gott hat uns solche Eigenschaften wie Gefühle für das Leben mitgegeben, damit wir in jedes Herz das Gefühl der Liebe überbringen können. Es darf keine Illusion bestehen bezüglich des Reichtums. Den Reichtum, den ich im Verlaufe meines Lebens

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angehäuft habe, kann ich jetzt nicht mitnehmen. Was ich jetzt noch mitnehmen kann, sind Erinnerungen, die auf der Liebe basieren und mit Liebe erschaffen worden sind. Das ist der wahrhafte Reichtum, der euch jedes mal folgen muss, euch begleiten muss, der euch Kraft und Licht gibt weiterzugehen. Die Liebe kann wandern und reisen, wohin sie will. Denn genau wie das Leben, kennt auch die Liebe keine Grenzen. Materielle Werte und Sachen, die wir einmal verloren haben, können wiedergefunden werden. Es gibt aber eine Sache, die, wenn sie verloren geht, nicht wiedergefunden werden kann – und das ist DAS LEBEN. Dein Reichtum – das ist die Liebe zu deiner Familie, das ist die Liebe zu deiner Frau und deinem Mann, das ist die Liebe zu deinen Nächsten. Passt auf euch auf und sorgt euch um die anderen.“ Mit diesen Worten beschloss einer der reichsten und erfolgreichsten Männer des Wirtschaftslebens sein Leben, vielleicht hätte ihn ein Burnout zur rechten Zeit und mit dem richtigen Berater früher zu dieser Erkenntnis und zu einem erfüllteren, glücklicheren Leben verholfen.

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„Wohin kann der Mensch denn fallen, wenn er fällt? Er fällt in Gottes Arme“, so ähnlich hat es Karl Heinrich Waggerl einmal formuliert, und darin steckt eine tiefe Weisheit, die man sich zu eigen machen sollte, und dazu können solche Krisen, in denen man fast alles verloren hat, beitragen, mit Ruhe und Gelassenheit auf das eigene Leben blicken und im Anbeginn eine neue Chance erkennen.

*Mein Model ist Ilijana Dedova, BSc, die hier in der Marketing-Abteilung arbeitet. Ich bereite mit ihr ein Interview für den Blog im Juli vor.

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