Wer kann sich vorstellen, wie diese Kirche gebaut wurde?

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Das ist die Kirche, von der ich spreche. Sie gehört als Filialkirche zur Pfarrkirche von Spital am Pyhrn und ist dem heiligen Leonhard geweiht, einem Viehheiligen, der in ländlichen Gebieten sehr populär ist. Wenn man das Gebäude von dieser Seite betrachtet, meint man, dass es nichts Außergewöhnliches in Bezug auf die Bauweise zu erwähnen gibt. Ein Tip: auf die rechte Seite der Kirche schauen. Was sieht man dort unter der Kirche hervorquellen und über die Friedhofsmauer schauen? Einen mächtigen Felsblock.

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So sieht die Kirche von der anderen Seite aus, und man kann nun auch leicht erraten, woher der Felsblock stammt – er wird vor mehreren zehntausend Jahren vom gegenüberliegenden Berg heruntergekollert sein. Da der in der Landschaft gelandete Riesenstein recht dramatisch aussah, entschieden die Menschen eines Tages, dass das ein guter Platz für ein Gotteshaus wäre. Und sie begannen, eine erste Kirche oben auf den Felsblock zu bauen.

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Auf dem Foto oben: die Innenansicht: ein gotischer Innenraum mit bemaltem Spitzbogen-Gewölbe und barocken Objekten, wie den Statuen im Altarraum, die den hl Sebastian und den hl Rochus darstellen, und die Gemälde der Seitenaltäre mit vergoldeten Rahmen von Martin Johann Schmidt (1718-1801), besser bekannt als „Kremser Schmidt“. Das bedeutet, dass er aus Krems stammte, um ihn vom „Wiener Schmidt“, Johann Georg Schmidt (1685-1748), zu unterscheiden, der aus Wien kam.

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Was geschah als nächstes? – Am Fuß des Felsblocks wurde eine Kapelle errichtet, und zwar unter Einbeziehung des Felsstücks, an das man anbaute, indem man aus der Not eine Tugend machte: der in der Kapelle sichtbare Teil dient hinter der Kreuzigungsgruppe als Berg Golgatha. Die Wandmalerei darüber zeigt die Stadt Jerusalem. – Nun stand also eine erste Kirche oben auf dem Felsblock und eine zweite an seinem Fuß, nicht miteinander verbunden, sondern zwei separate, voneinander unabhängige Gebäude.

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Und so ging es weiter: man baute (in den 1480er-Jahren) einen dritten Teil auf die Kapelle und verlängerte damit die erste Kirche, die ungefähr 50 Jahre früher errichtet worden war. Der mächtige Spitzbogen in der Mitte des Kirchenschiffs bezeichnet das Ende der früheren Kirche. An dieser Stelle befand sich die Außenwand. Das Langhaus wurde verdoppelt, und man baute nun Stiegenhäuser, um den oberen Teil der Kirche zu erreichen. Wie man früher wohl auf den Felshügel gelangte? Mit Hilfe von Leitern oder einer Bersteigerausrüstung?

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So sah die Lösung aus: man errichtete zwei Türme mit Wendeltreppen (s. Foto oben rechts der ältere Turm), die man weder symmetrisch gegenüberstellte und die auch von verschiedener Form sind – einer auf sechseckigem Grundriss, einer auf achteckigem Grundriss, mit verschiedener Anzahl von Stufen und verschiedenen Portalen, die man nur in der Kirche sehen kann. Der später hinzugefügte Stiegenhaus-Turm (s. Foto oben links) wirkt plumper, weil es ein Problem gab, ihn in die (Nord)Wand einzubauen, die viel stärker als die andere war.

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Auf dem Foto oben der jüngste Teil der Kirchenarchitektur (er ist vom Spitzbogen in Richtung Orgelempore aufgenommen, die sich gegenüber des Hochaltars befindet), und man kann sehen, wo die Stiegenhäuser enden. Eines im rechten Hintergrund mit offenem Türflügel, nahe eines kleinen Stiegenaufgangs zur Orgel, das andere auf der linken Seite, weiter davon entfernt.

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Hier mein persönlicher Favorit, die Orgel, 1749 von Valentin Hochleitner gebaut, der Lehrer, Musiker und Orgelbauer war. Bitte, das Rokoko-Orgelgehäuse beachten und die elegante architektonische Lösung der Empore, die auf einer einzigen Säule ruht. Die Kirche von St Leonhard ist ein Juwel, sie ist es wert, in jedermanns persönliche Edelsteinsammlung aufgenommen zu werden.

© Die Fotos wurden von meinem Mann und von mir gemacht. – Wer Informationen zu Führungen möchte, kann hier die immer hilfsbereiten Mitglieder des Pfarrverbands kontaktieren.

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