Interview mit Pater Edmund Waldstein OCist – Über die Arbeit in einer Pfarre und darüber, wo man Gott finden kann

F: Vor einigen Monaten bist Du in der Pfarre Trumau in Niederösterreich Kaplan geworden. War es schwer, die Gemeinschaft der Heiligenkreuzer Mitbrüder zu verlassen? Was hat sich im täglichen Leben geändert? Hast Du einen Stundenplan für die langen Arbeitstage als Priester ausgearbeitet? Ich kann mir vorstellen, dass es recht anstrengend ist, Priester in einer Gemeinde zu sein …

Foto: Stift Heiligenkreuz

Foto: Stift Heiligenkreuz

A: Es ist eine Besonderheit österreichischer Zisterzienser-Klöster, dass einige Mönche zu Pastoralarbeit in Pfarren abberufen werden (wir haben 18 Pfarren). Im September wurde ich Kaplan in zwei unserer Pfarren, und ich lebe seitdem gemeinsam mit dem Pfarrer in einem der zwei Pfarrämter. Es war eine große Umstellung, nicht mehr im Kloster zu wohnen und nicht mehr die feierliche Liturgie der Stundengebete zu haben, die jeden Tag strukturiert. Aber die Arbeit in der Pfarre ist sehr interessant und wird sehr honoriert, und ich bin gesegnet, einen sehr guten und andächtigen Pfarrer zu haben, unter dem ich arbeiten kann und der sehr geduldig mit mir ist.

Ein großer Unterschied zwischen dem Leben im Kloster und dem Leben in der Pfarre ist, dass man im Kloster Teil eines sehr gut organisierten Ganzen ist, das von alleine läuft, und dass man sich dort auf das Wesentliche konzentrieren kann. In der Pfarre ist man allgemein verantwortlich dafür, dass eine Veranstaltung auch stattfindet, und wenn man etwas vergisst, dann findet es nicht statt.

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F: Heute eine besonders schwierige Frage für Menschen, die Hilfe brauchen: wo kann sie oder er Gott finden? In der Natur? In einer Kapelle? In sich?

A: In der Mitte der Klosteranlage von Heiligenkreuz haben wir zwei Symbole, die einesteils etwas von unserer Tradition ausdrücken und andererseits aufzeigen, wo Gott gefunden werden kann. Das erste Symbol ist ein abgeschlossener Garten, an allen Seiten von den schönen Säulen des mittelalterlichen Klosters begrenzt, aber offen gegen den Himmel. Der Garten symbolisiert das Klosterleben, das von Ablenkungen und Geschäftigkeit abgeschlossen ist, um offen für Gott zu sein. Gott ist in einem Sinn das Höchste, das über die Realität der Erde hinausgeht. Er kann gefunden werden, indem man sich von weltlichen Dingen zurückzieht, indem man die Schönheit und die Majestät der Natur betrachtet, aber auch wie im Kloster bei feierlichen liturgischen Gebeten und Gesängen und durch die Kunst der Liturgie und der Architektur, die die Seele hinaufheben. – Das zweite Symbol ist ein „versiegelter“ Brunnen – ein Wasserstrahl dringt aus einem kleinen Raum im Stein, der von der äußeren Welt abgeschlossen ist. Gott kann auch in den Tiefen der Seele gefunden werden, von wo seine Güte kommen kann wie Wasser aus der Tiefe der Erde. Wenn wir Stille für Meditation finden und uns in die Tiefe versenken können, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Meditatives Beten in Stille ist etwas, das Übung braucht, aber es ist sehr lohnend. Die Zisterzienser Mitbrüder, vor allem William of St. Thierry haben sehr hilfreiche Werke verfasst, um das einfach in die Tat umsetzen zu können.

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