"Die letzte Grand Tour" - Ein zweijähriges Abenteuer zweier Benediktiner Mönche im 19. Jahrhundert

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Als ich im Dezember Pater Alkuins* OCist Artikel über „Die Letzte Grand Tour“ las, wusste ich sofort, dass ich dieses Buch haben muss. Es ist über zwei Benediktiner Mönche, die 1804 für einen zweijährigen Aufenthalt nach Rom reisten und ein Tagebuch führten und Briefe schrieben über alles, das sich während dieser Zeit ereignete. Nichts ist interessanter und unterhaltsamer als Originaldokumente zu lesen, da man darin so viel über das Alltagsleben dieser Epoche erfährt.

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Reisen war damals ein riesiges Abenteuer, nicht nur, weil die Strassen in einem miserablen Zustand waren, es war auch gefährlich, da überall Diebe und Mörder lauerten, die alle Reise- und alle anderen Pläne mit einem Schlag zunichte machen konnten. Pater Albert und Pater Alois, Benediktiner aus der Abtei St Peter, verließen Salzburg am 13. April 1804. Sie nahmen die „Diligence“, die sogenannte Express-Kutsche, und hatten vom ersten Tag an Probleme weiterzukommen. Als sie an diesem Tag die Berge passierten, mussten sie dreimal aussteigen, da die sechs Pferde nicht die Kraft hatten, den Wagen mit den ohnehin nur sechs Passagieren (plus Gepäck natürlich) zu ziehen. So ist es nicht verwunderlich, dass sie Rom mehr als einen Monat später erreichten.

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Eine andere gefährliche Art herumzukommen, war zu reiten. Die Patres nahmen Pferde, wenn sie Ausflüge in die Gegend um Rom unternahmen**

In Rom wohnten sie in St Callist(us), damals ein Benediktiner-Stift, wo sie ein Zimmer mit einer großartigen Aussicht hatten – von ihren Fenstern sahen sie den Petersdom, die Engelsburg und das Kapitol. Während des Aufenthaltes erhielten sie private Vorlesungen und besuchten die meisten Sehenswürdigkeiten – Kirchen, Museen, Palazzi -, sie wurden bei Künstlern eingeführt (Canova hatte damals ein Atelier in Rom, ihn sahen sie oft), bei Aristokraten, bei Mitgliedern von fürstlichen Familien (Erzherzogin Maria Theresia, vom italienischen Zweig der Familie, lebte dort und empfing sie häufig) und waren sogar zu Treffen mit Papst Pius VII geladen. Es war eine aufregende Zeit – Napoleon machte sich zum Kaiser, bat den Papst, ihn zu krönen, nahm ihm dann aber die Krone aus den Händen und krönte sich selbst.

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Wenn die beiden Patres ritten, konnte es schwierig werden, Hafer für die Pferde zu bekommen. Man würde denken, dass es „Hafer-Tankstellen“ gab. Nein, solche Tankstellen gab es nicht, es war manchmal sehr schwierig, nach einem langen Ritt Futter für die Pferde (und Essen für sich selbst) zu finden. Reisen war ein einziges riesiges Abenteuer. Ich glaube, dass heute niemand reisen würde, wenn sie/er auf diese öffentlichen Verkehrsmittel wechseln müsste. Es heisst, dass man mit dem Boot am einfachsten und raschesten reiste. Das war angenehm, wenn man auf einem Fluss abwärts fuhr (s. Foto unten). Wer mehr Details darüber haben möchte, wie rasch und einfach eine Schiffsreise auf dem Meer sein konnte, unbedingt nachlesen, wie sich die Seereise der Patres von Venedig nach Triest gestaltete (pp 354). Ein grauenvolles Abenteuer, alles modern erzählt und sehr unterhaltsam. Ich kann nur eines empfehlen: unbedingt dieses Buch lesen.

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*Professor DDr Pater Alkuin Schachenmayr ist Vize-Rektor der Universität von Stift Heiligenkreuz, wo er Kirchengeschichte unterrichtet. Er ist auch Stiftsarchivar und Herausgeber der Analecta Cisterciensia und macht noch viel viel mehr, und er ist ein Freund von uns und schreibt regelmäßig Artikel auf seinem Blog.

**Die Fotos stammen aus einem Buch, das ich vor vielen Jahren schrieb – „Alltag im Barock“ (von Gabriele Praschl-Bichler, das war mein Mädchenname).

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