Barock ... oder: über Hobbies

Als ich etwa 10 Jahre alt war und mit meinem Vater schon zahlreiche Schlösser und Ausstellungen besucht hatte, beschloss ich eines Tages: ich werde später „Barock“ (= Kunst und Kultur des 17. und 18. Jahrhunderts) studieren! Vielleicht war die Idee noch nicht genau definiert und ich habe nicht den Ausdruck Barock verwendet, aber ich wusste, was ich meinte und was ich wollte. Wer schon die „Idee“ zum Blog gelesen hat, wird wahrscheinlich wissen, wie es weiterging. Als ich zu studieren begann, wollte ich zwar noch immer „Barock“ studieren, aber auch Medizin (es gibt viele Ärzte in der Familie, die Idee muss in den Genen fixiert sein). Da damals aber zu viele Studenten mit Medizin begannen, war ich darüber zufrieden und begann „Barock“ zu studieren.

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Natürlich gibt es an der Universität kein Fach „Barock“, aber während der Schulzeit war der barocke Plan weiter ausgereift, und ich begann Literatur und Kunstgeschichte zu studieren – mit Schwerpunkt auf Frankreich und Italien im 17./18. Jahrhundert. Ich habe es geliebt, wurde immer fanatischer, sog alles auf, was ich über diese Epoche las und bin auch jetzt noch immer darauf fixiert. In den letzten Jahren habe ich mich auf die Zeit zwischen 1710 und 1793 spezialisiert (von der Geburt Ludwig XV bis zum Tod/zur Hinrichtung Ludwig XVI, beide Könige von Frankreich). – Warum? Weil mich das Leben dieser zwei Persönlichkeiten besonders interessiert, die von den meisten Historikern als Verlierer sowie als unintelligente und schwache Charaktere dargestellt werden. Jeder kennt Ludwig XIV, den Sonnenkönig, den Großen, den Mächtigen, der den Absolutismus „erfunden“ hatte und unter dem Versailles gebaut wurde. Sein Urgroßenkel Ludwig XV ist nur für seine „Maîtressen“ und für seine sexuellen Liebschaften bekannt, König Ludwig XVI nur wegen seines Todes unter der Guillotine (und natürlich als „Marie Antoinette´s Ehemann“).

Aber mehr als die Geschichte dieser Epoche interessiert mich alles, was das tägliche Leben betrifft. Da es sehr teuer ist, auch nur eine Tasse oder ein Taschentuch aus dieser Zeit zu kaufen (es ist ein bisschen günstiger, Bücher darüber und Drucke oder Nachdrucke zu sammeln), begann ich das 18. Jahrhundert zu kopieren, ich meine damit, alle möglichen Objekte zu kopieren. Mit Hilfe von Kohlepapier kopiere ich Zeichnungen (für Wandmalereien, Bilder, Türen, Möbel, Stoffmuster etc), ich habe Westen gestrickt, Tischtücher gestickt, Möbel gemacht (oder von unserem Tischler machen lassen) und fotografiere alles, was in dieser Epoche errichtet oder hergestellt wurde. Und ich bin total glücklich und zufrieden, wenn ich das mache.

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Das ist der heutige Tip, der sich darauf bezieht, was Dr Gisela Heldt immer rät. Versuchen glücklich und zufrieden zu sein oder zu werden! Man muss natürlich nicht beginnen, Bücher über das 18. Jahrhundert zu lesen, aber man sollte versuchen, die interessantesten Freizeit-Hobbies für sich herauszufinden. Je intensiver man beschäftigt ist, desto gesünder ist man oder wird man werden. Mein Mann und ich besuchen jährlich viele Ausstellungen und sind immer begeistert, wenn wir Künstler und Kunsthandwerker treffen, egal ob es Berufs- oder Amateurkünstler sind. Sie scheinen zu leuchten, wenn sie über ihren Beruf sprechen, der meist auch ihr Hobby geworden ist. Versuchen Sie etwas zu finden, das Sie auch zum Leuchten bringt!

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