Ausstellung in der Albertina in Wien: Rudolf von Alt und seine Zeit (19. Jahrhundert)

Amerling Friedrich vonJunges Mädchen1834Öl auf LeinwandGE2512

Obwohl ich in der Kunst fast immer Barock den Vorzug gebe, mochte ich in dieser Ausstellung besonders gerne die Bilder des 19. Jahrhunderts: die feinen Farben, die Ruhe, die die Bilder ausstrahlen, egal, ob es sich um einen Innenraum, eine Landschaft oder um Menschen handelt, wie das Mädchen, das Friedrich von Amerling malte (1834, s. Foto oben). Die Gemälde strahlen eine unglaubliche Ruhe aus, die sofort auf den Betrachter wirkt. Man bewegt sich auf Zehenspitzen von Raum zu Raum, um diese Stille nicht zu zerstören.

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Man möchte auch nicht das Baby aufwecken, die kleine Prinzessin Marie Franziska von Liechtenstein (1836), die zwei Jahre alt war, als derselbe Maler, Friedrich von Amerling, sie während des Schlafens portraitierte. Ich denke, dass ich nie ein realistischeres Bild eines schlafenden Kindes sah. Wenn man je ein Baby an einem warmen Sommertag schlafen sah, weiß man, wie dunkelrosa seine Wangen leuchten, wie die Haare feucht und verdrückt sind und wie das kleine Geschöpf riecht, wenn es aus seinem tiefen Schlaf erwacht. Liebevolles Detail am Rande: wie das Mädchen seine Puppe hält.

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Kinder wurden den Malern ein wichtiges Thema. Wie sie sich bewegten, welche Kleidung sie trugen und wie hübsch sie aussahen. Ich mag vor allem Peter Fendis Gemälde von leuchtenden Kinder-Gesichtchen und nettesten Rundköpfchen, den schönsten Biedermeier-Frisuren mit Bändern und Hüten. Ganz typisch sind die drei abgelegten Strohhüte, die sich auf der rechten Seite neben dem Baby befinden. Man sieht fünf Mädchen auf dem Bild, das älteste kennen wir schon. Es ist Prinzessin Marie Franziska (die vierte von links auf dem Foto oben), das frühere schlafende Baby, die hier mit ihren vier Schwestern dargestellt ist.

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Eine typische Biedermeier-Szene im Inneren des Hauses (Peter Fendi, s. Foto oben) – noch einmal Prinzessin Marie Franziska mit ihrer Schwester Karoline, die an einem Tisch mit einer Lektüre beschäftigt sind. Typisch Biedermeier bedeutet, dass der helle Raum schlicht eingerichtet ist, nichts Pompöses ist darin, keine vergoldeten Möbel, so als ob sich die Mädchen in einem Landhaus befinden würden. Aber Prinzessinnen lebten natürlich in einem Schloss, sie wurden in Schloss Eisgrub in Mähren gemalt, das damals zur österreichisch-ungarischen Monarchie gehörte. Durch das offene Fenster hat man einen schönen Blick auf den prachtvollen Park, den es noch immer gibt.

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Mein Lieblingsbild in dieser Ausstellung: der Pavillon im Gartenpalais Rasumofsky in Wien (Joseph Höger, um 1837, s. Foto oben). Ich würde viel geben, um an einem Sommertag dort ein paar Stunden verbringen zu können und die Rosen zu riechen, den warmen und sonnigen Tag im Schutz des Pavillons zu genießen, die verwachsene Architektur und den romantischen englischen Garten zu sehen und den Blick auf das im Bildhintergrund stehende Palais zu haben.

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Zumindest während der heißen Sommermonate ein paar Wochen auf dem Land zu verbringen, wurde im 19. Jahrhundert ein gesellschaftliches Muss. Da Kaiser Franz Joseph in Ischl eine nette bürgerliche Villa bewohnte, folgten ihm viele Mitglieder der Hofgesellschaft dorthin oder an die nahegelegenen Seen des Salzkammerguts und erfreuten sich am schlichten Landleben. An Traunkirchen am Traunsee (von Joseph Höger, s. Foto oben) musste man mit dem Boot vorbeifahren, wenn man von Wien nach Ischl reiste.

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Zuletzt die Sophien-Rast in Ischl, die nach Erzherzogin Sophie, der Mutter Kaiser Franz Josephs, benannt wurde. Sie war eine der ersten der Familie, die dorthin fuhr. Ischl genoss seit Beginn des 19. Jahrhunderts einen guten Ruf als Kurort, es war berühmt für sein Heilwasser. Wenn man es einige Wochen mehrmals täglich trank, konnte es die verschiedensten Krankheiten heilen.

Buch-Tip: Klaus Albrecht Schröder, Rudolf von Alt und seine Zeit. Albertina Wien, 2019.

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